08. Oktober 2019, 19 Uhr Filmabend mit Zeitzeugen-Gespräch

Ort: Kunst- und Kreativhaus Rechenzentrum, Kosmos

Die Vorführung historischer Filmaufnahmen aus Potsdam wird eingebettet in die Erzählungen und Gespräche von Zeitzeugen. In Zentrum des Abends stehen die beiden Demonstrationen in der Potsdamer Innenstadt (7. Oktober 1989 und 4. November 1989). Der zeitliche Bogen der Gespräche spannt sich über die Jahre der 1987 bis 1991. Aus dieser Zeit stammen auch alle Filmaufnahmen.

Themen werden sein: der Olav-Palme-Friedensmarsch, die Kommunalwahl, der Zerfall der Bausubstanz, die Gründung von Umwelt- und Bürgerrechtsgruppen sowie Parteien, die Kampagne gegen Wehrpflicht, die Umbettung der preußischen Könige und vieles andere.

Veranstalter: Verein zur Förderung antimilitaristischer Traditionen in der Stadt Potsdam e.V.

Moderation: Carsten Linke

Potsdam 05.09.2019

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Schubert,

wir möchten Sie zu Ihrer Entscheidung, das militaristisch-nationalistisch geprägte Glockenspiel auf der Plantage abzuschalten, beglückwünschen. Dies ist ein Beitrag zur Entmilitarisierung der ehemaligen Garnisonstadt Potsdam und gegen falsch verstandene Traditionspflege. Ebenfalls ist es ein Beitrag zu weniger Antisemitismus in der Öffentlichkeit.

Das Lied „Üb immer Treu und Redlichkeit“, welches zu jeder halben Stunde die Plantage beschallte, ist nicht nur eine Moralkeule für das untertänige Volk, sondern im Kern nationalistisch und antisemitisch. Vieles spricht dafür, dass der „Bösewicht“ in Höltys Gedicht (dem Liedtext) von 1776 vom „ewigen Juden“ inspiriert ist, welcher ruhelos und vom Teufel umhergetrieben wird. „Er ist auf Lug und Trug erpicht, und wünscht sich nichts als Geld“. Hölty bedient damit das damalige Negativbild der Juden, die angeblich dem ehrbaren, tugendhaften und schaffenden Deutschen gegenüber stehen.

Das Lied „Lobe den Herren“ ist in Preußen klanggewordene Vereinnahmung von Glauben für militärische und kriegerische Zwecke. Es wird ein Gott angerufen, der bei allen Kriegen, auch den zahlreichen preußischen Kriegen, auf beiden Seiten der Front angebetet wurde. Alles Soldaten, egal auf welcher Seite der Schlacht sie standen, beteten zum gleichen Gott. Und ihre Befehlsgeber, ihre Fürsten, Könige und Prediger versicherten, dass dieser Gott auf ihrer Seite stünde. Dies gipfelte, speziell bei den Predigern der Potsdamer Hof- und Garnisonkirche darin, dass das deutsche Volk, das von Gott auserwählte Volk sei.

Das Verstummen der Glocken, die Inschriften tragen wie „suum cuique“ (Jedem das Seine) oder den faschistischen Kyffhäuserbund (einem Teil des NS-Reichskriegerbundes) gewidmet sind, ist wenige Tage nach dem 80. Jahrestages des Überfalls auf Polen eine versöhnliche Geste.

Wir gehen fest davon aus, dass diese nicht mit dem originalgetreuen Wiederaufbau des Garnisonkirchenturms und dessen Glockenspiel wieder zunichte gemacht wird.

Mit antimilitaristischen Grüßen
Dr. J. Kwapis / C. Linke
Vereinsvorstand

Wegmarken Potsdamer Demokratie

 

Donnerstag 21.6.2018 19:30 Uhr Filmmuseum Potsdam

Fahnenflucht in Potsdam (1713 bis 1918) – ein Ausstellungsprojekt

Seit der Antike werden Fahnenflüchtige bestraft. Die Sanktionen reichten von körperlicher Züchtigung bis hin zur Todesstrafe. Über das Schicksal von Deserteuren im Zweiten Weltkrieg ist mittlerweile relativ viel bekannt. Doch warum verließen Soldaten in den vergangenen Jahrhunderten ihre Truppe? Fehlende Aufzeichnungen und später der Blick aus juristischer Sicht verstellen den realen Zugang; viele Gründe können nur vermutet werden: bessere Bedingungen in der gegnerischen Armee, Angst vor dem Tod, Sehnsucht nach der Heimat, ausbleibender Sold…Und was bedeutete es für die Helfenden, wenn der Plan fehl schlug? Wer profitierte von einer gescheiterten Flucht? Diesen Fragen soll ein Ausstellungsprojekt des Vereins zur Förderung antimilitaristischer Traditionen am Beispiel von Potsdam und weiteren brandenburgischen Orten nachgehen.

Standbild aus DÈSERTEUR

 

Standbild aus „DÈSERTEUR“ (F 2017, Regie: Mathilde Dourdy)

Die Ethnologin Jeanette Toussaint stellt erste Rechercheergebnisse vor und präsentiert drei Kurzfilme, die sich aus unterschiedlichen Perspektiven dem Thema nähern.

 

DER DESERTEUR

Deutsche Mutoskop- und Biograph-Gesellschaft 1909; 4 Minuten

DÈSERTEUR

F 2017 1 Minute 25 sec Regie: Mathilde Dourdy

JOSEFS BRÜDER

D 2005 (HFF München) 14 Minuten Regie: Philipp Clarin

 

Die Recherchen förderte die Landeshauptstadt Potsdam, das Filmprogramm die Brandenburgische Landeszentrale für politische Bildung.